Realsatire oder Realitätsverlust? Rechtsstreit um Schuljause
Im Herbst des vergangenen Jahres wurden in den Filialen der Wiener Bäckerei Felber "gsunde Jausen“ zum Schulstart angeboten. Der Inhalt der Sackerln war ganz auf die Geschmacksvorlieben der Kinder abgestimmt: Ein Apfel, wahlweise ein Viertelliter Kakao oder 0,2 Liter Apfelsaft sowie ein Muffin oder eine Wurstsemmel. Diese Speisefolge rief den Verein für Konsumenteninformation (VKI) auf den Plan: Wegen irreführender Werbung wurde die Bäckerei verklagt. Begründung der Ernährungsexpertin des Vereins: Nur der Apfel würde den Ernährungsempfehlungen für Kinder entsprechen. Egal, ob in der Zusammensetzung Wurstsemmel plus Apfelsaft oder Muffin plus Kakao - der Kalorien- und Fettgehalt der verkauften Jause wäre in jedem Fall höher gewesen als das, was Volks- und Unterstufenschüler im Rahmen einer Zwischenmahlzeit zu sich nehmen sollten. Nun gab das Gericht dem VKI Recht, das Verfahren endete mit einem Unterlassungsvergleich.
Warum wird sofort geklagt?
„Es verwundert mich, dass sofort geklagt und dem betroffenen Unternehmen nicht die Chance gegeben wurde, die Jause umzubenennen“, zeigt sich Konsumentenschützerin Barbara Mucha verwundert über das überstürzte Vorgehen des VKI. Seit mehr als zwanzig Jahren ist Die Mucha bekannt für Tests, die kaum eine Branche ausgelassen haben. Oberste Prämisse ist allerdings, immer im Sinne der Konsumenten und der getesteten Unternehmen zu handeln: „Konstruktive Kritik und die Aussprache mit allen Beteiligten ist für uns eine Selbstverständlichkeit um Verbesserungen zu bewirken. Einfach loszuschießen war und ist nie zeitgemäß oder gar zielführend“, so Barbara Mucha.
Natürlich solle über die Ernährungsgewohnheiten unserer Kinder diskutiert werden, Übergewicht sei schließlich ein hinlänglich bekanntes Problem, welches nicht auf die leichte Schulter zu nehmen sei. Trotzdem könne von der Mündigkeit der Konsumenten ausgegangen werden und demnach vom Wissen, dass es sich bei Kakao um keinen ungesüßten Tee und bei einem Muffin um keinen zuckerarmen Diätriegel handelt. Wie die aktuelle „Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC)-Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) belegt, sieht es ja bei uns in Österreich nicht gar so düster aus, was das Gesundheitsverhalten unserer Kinder betrifft, vieles hat sich sogar verbessert: Es wird weniger geraucht, weniger getrunken, mehr Obst und Gemüse gegessen und mehr Sport betrieben. Fazit der WHO: Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Zahl der adipösen (stark übergewichtigen) Kinder geringer – Österreichs Kinder sind gesünder als noch ein Jahr zuvor.
Es sei an dieser Stelle, mit einem Augenzwinkern, die Frage erlaubt, wer als nächstes ins Visier des VKI geraten könnte. Gefährlich könnte es für all jene Betriebe werden, die das Wörtchen „g´sund“ in nicht korrektem Zusammenhang verwenden und sich dadurch Wettbewerbsvorteile erhoffen:
Luftkurorte, die – trotz Wissens um mögliche Feinstaubbelastungen im Sommer –in unternehmerischer Gier eine „g´sunde Luft“ anpreisen, Freikörperkulturbetriebe, die – trotz der hinlänglich bekannten Folgen von zu viel UV-Strahlung – auf eine „g´sunde Farbe“ schwören, Wirte, die ihre übergewichtigen Gäste mit den Worten „G´sund schauns aus“ empfangen, dabei nur auf ihren eigenen Umsatz schielen und sich von BMI-Kurven nicht beeindrucken lassen oder Therapeuten, deren Erfolgskonzept darauf beruht, der „g´sunden Watschn“ nicht abzuschwören. Generell sollte das Wörtchen „g´sund“ mit Vorsicht genossen werden, im Zweifelsfall nur als „g´sunde Mischung“ im Wettbewerb zum Einsatz kommen – damit die, ohnehin überforderten, Gerichte weniger zu tun haben.
Foto: Fotolia/ © Himmelssturm
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Kommentare
Ferder-Mäppchen geht ja noch, aber pennal bedeutet sinngemäss aus dem lateinischen übersetzt FEDERBEHÄLTER, bzw. FEDERDOSE oder FEDERSCHACHTEL und das würde eigentlich bedeuten dass man Federpennal als "Feder-Feder-Behälter" zu verstehen hätte.
Als Faulenzer wurden zu meiner Schulzeit (joh, joh, laung iss her) Blätter mit schwarzen Linien bezeichnet, die man in den Heften unterlegen konnte um in den Zeilen beim Schreiben gerade zu bleiben.
Noch schlimmer ist das "Feder-Mäppchen". Ich hatte immer einen "Faulenzer", also eines, wo man nicht die Stifte in Gummischlaufen reinmaxeln mußte.
@kritischer Konsument,
endlich Jemand der nicht Feder - Pennal sagt!
Und auf ihren T-Shirts, Hemden und Hosen.
Man sieht immer wieder Cola-Automaten. Der VKI hat einmal eine Firma geklagt, weil sie über die Schulen Mitteilungshefte mit Werbung verteilen ließ. Die Schulen bekommen dann immer einen bestimmten Betrag.
Und letztlich sind die Kinder überall Werbung ausgesetzt und tragen sie selbst herum auf Schultaschen und Pennalen
Ich habe geglaubt, Werbung ist in Schulen grundsätzlich verboten.
Werbung für Bio-Äpfel, Bio-Weckerl und Mineralwasser können sie schon machen. Schlimm wär, wenn Coca Cola, MacDon oder Haribo Werbung machen, was leider im Schulbereich auch schon passiert ist.
Und "zufällig" verteilen jetzt Anker (Bio-Weckerl), Spar (Bio-Apfel) und Gasteiner (Mineralwasser) medienwirksam gesunde "Jausensackerln" gratis an über 2.000 Salzburger Schüler. Sie wollen die Kleinen auf den Geschmack gesunder Ernährung bringen und bestimmt keine Werbung für ihre Unternehmen und Produkte machen.
Sicher hätte man Felber kontaktieren können vor einer Klage. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man da nicht kooperativ ist. Felber ist insgesamt eine sympatische Firma.
Aber: eine Wurstsemmel ist wirklich nicht gesund. Weißgebäck mit meistens fetter Extrawurst...vielleicht hätte man einen Kornspitz oder ein Körnerlaberl mit magerem Schinken nehmen können.
Muffin ist eine Süßigkeit, aber keine Schuljause.
Insgesamt ist es aber zu bedauern, daß Kinder heute keine Pausenjause mehr von zu Haus mitnehmen. Ich habe ganz selten Geld mitbekommen (wie auch meine Kinder) und ich weiß aus eigener Erfahrung, daß man sich dann lieber was Süßes kauft.
HAben wir keine anderen Sorgen?
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